traurige Wahrheit über Berlins erneuten Untergang mittels der Übernahme durch den faschistischen Kapitalismus und all seiner Protagonisten - "Gesindel weltweit versammelt euch in dieser Stadt" - äh, das hiess mal anders... aber noch gibt es den produktiven kreativen Underground! und es tun sich noch neue Möglichkeiten auf...







7. Mai - 10. November 2019



7. - 10. Mai Vorbesichtigungstage der Biennale Venedig, welch freudig anstrengende Tage und Nächte... Die Löwen werden am 11.Mai vergeben.

Insgesamt gesehen war diese Biennale eine schwache Ausgabe, besonders die vielen Länderbeiträge waren meist schwach. Zuviel Sozialreportage, zuviel Retroblicke, zu oft schwache Arbeiten.
Die zwischen Arsenale Artegliaria und dem Zentralpavillon im Giardini zweigeteilte, gedoppelte, von Ralph Rugoff kuratierte Ausstellung unter dem kryptischen Titel "vielleicht lebst du in interessanten Zeiten" überraschte und überzeugte allerdings sehr. Allerdings gab es im Giardini an manchen Stellen unübesehbar Raumprobleme, da jede Künstler'innen an beiden Orten ein Werk präsentieren sollte, so das Konzept. So wurde jede "Ecke" genutzt, manches Bild durch benachbarte Stelltafeln "halbiert", was den Arbeiten natürlich nicht gut tat... Ebenso funktionierte dieses Konzept nur bedingt, da die Arbeiten mancher Künstler'in zu eindimensional, zu einheitlich sind.



Völlig zu Recht mit dem GOLDENEN LÖWEN als Bester Künstler ausgezeichnet - Arthur Jafa - für seinen Film "white album". Dieser aus Schnipseln privater Internet-Videos, gesampelte Wahnsinn zeigt in bedrückender Weise den maroden eingstirnigen antiliberalen Zustand der USA, wahrhafte Selbstdarstellungen mitten aus der Gesellschaft. Ein filmisches Objet Trouve. Seinen übergrosser mit Ketten ummantelter Riesenreifen fand ich dagegen eher beliebig.



Politisch gesellschaftliche Gewalt und Krieg ist ein grosses starkes Thema in der kuratierten Ausstellung. Auch die beiden Arbeiten, von Teresa Margolles ebenfalls Objet Trouves, sind ausserordentlich stark gesellschaftspolitisch aufgeladen! Die Wand einer Bushaltestelle beklebt mit privaten Suchanzeigen verschwundener, mutmasslich missbrauchter und getöteter Frauen in Ciudad Juarez, wo dies fast niemanden mehr überrascht.. Die andere Arbeit ist eine Schulhofmauer mit Stacheldrahtkrone, von Einschusslöchern übersät.

Etliche weitere Arbeiten sind politisch aufgeladen, Shilpa Gupta, Michael Armitage, Halil Altindere. Letzterer schickt fiktiv Flüchtlinge ins All und Lee Bull hat einen (Wach-)Turm gebaut mit Materialien aus der entmilitarisierten Zone zwischen Nord-und Sü:dkorea, mit viel Technologie und Botschaften. Christian Marclay thematisiert den Krieg, zwischen Realität und Spiel mit seinen 48 auf übereinander gelegten immer kleiner werdenden Bildflächen, von denen letztendlich für uns nur schmale, kaum mehr erkennbare Rahmen zu sehen bleiben, an denen man die eigentlichen Spielfilme mit kriegerischen Handlungen nur mehr erraten kann. Gewaltausbrüche in der Gesellschaft, Bilder sogenannter Riots zeigt Stan Douglas. Seine aufwendig inszenierten Fotografien erzählen Geschichten fast wie Filme, basierend und recherchiert nach tatsächlichen Ereignissen. Mithilfe ihrer Erinnerungen sucht und zeigt die Künstlerin und (ehemalige) Fotoreporterin Rula Halawani die Lebenssituationen von Palästinensern und reflektiert die Veränderungen in ihrem Land. Auch Lawrence Abu Hamdan thematisiert in einer Arbeit die Israelische Grenze auf dem Golan, wo sich alljährlich getrennte Familien aus der Ferne sehen und sprechen, heute in der Regel per Handie, früher per Zuruf... aus "found mobile footage" erstellt er sein Video über den Grenzdurchbruch 2011, bei dem 4 Menshcen zu Tode kamen.

Viele Künstler'innen beschäftigen sich mit "küstlichen Paradiesen", umweltpolitischen Themen, veränderter Natur im weitesten Sinne. Von Hito Steyerls "this is future", einer raumgreifender Video-Installation, schön, blumig und erschreckend ob der algorithmischen Fantasien und Aussichten.. auch Jon Rafman phantasiert in Protagonisten und Tieren einer kü:stlichen Zukunft. Nabuqi stellt gleich eine Scheinwelt, wie oft schon real in kommerziellen Situationen inszeniert, aus Strandidylle als Plakat, Kulisse mit Plastikpflanzen ins Arsenale, oder noch absurder, alberner, lässt eine Plastikkuh im Kreis durch Pseudo-Natur fahren. Gleich auf den Mars, in Dioramen, geht Domenique Gonzales-Foerster, inspiriert durch Ray Bradburys Novelle "the martial chronicles".
Die eindrücklichste Arbeit zu diesem Thema stammt von den beiden Schwestern Christine und Margret Wertheim (mir bislang unbekannt) die weltweit eine Community zusamengebracht haben die stricken, künstliche Korallen-Paradiese schaffen, but leuchtend wie deie realen Vorbilder!! Sie erinnern uns überzeugend daran wie wir unsere Erde zerstören, eine Erinnerung und Bewahrung Für die Zukunft, wenn uns nur noch künstliche Welten bleiben!


Geschwister Wertheim's Korallenwelten



Tomas Saraceno und sein "Spinnen Netz Pavillon", verbunden mir einem Orakel-Kartendeck. Mit Spinnen und deren Netzen beschäftigt sich Saraceno seit 2009, mit verschiedensten Ergebnissen, von kleinen Biotopen, Netzen in Plexikästen bis zu seinen Museen füllenden Netzkonstruktionen zum darin rumklettern...


Hito Steyerl

Sehr zynisch sind die Werke, Objekt von Andra Ursata die den menschlichen Brustkorb zum Mülleimer degradiert - was angesichts unseres "zivilisierten" Konsumverhalten wohl gar nicht so abwegig ist. So sammeln sich Plastk und Verpackungen von Konsumwaren darin. Die "Garten"-Installation von Korakrit Arunanondchai ist Recycling im besten Sinne, Kabel, Schläuche, Plastikstücke, Spielzeug und vieles Andere verwandelt sich in dieses dystopische Pseudo-Neo-Naturstück. Annika Yi dagegen benutzt verschiedene organische, bakterielle Materialien um damit "schöne" Objekte und "Bilder" zu kreieren die wachsen gedeihen und sich und das Objekt verändern. Slavs and Tatars bauen ein Spa, zeigen die Wellnesswelt die sich ja auch heute schon in der Regel als pure Künstlichkeit erweist.

Auch in einigen Nationalen Pavillons spielt dieses Thema eine grosse Rolle, dazu mehr weiter unten.



Gabriel Rico spielt mit der Idee von Sprache, Zeichensystem, arangiert verschiedenste Materialien zu einer imaginären Textzeile



Tarek Atoui zeigt Arrangements unterschiedlichster Musikinstrumenten, besser gesagt Klangobjekten.

Ein weiteres grosses Thema ist das Portrait und damit unmittelbar zusammen hängend, Fragen nach Identität, Gender, Selbstdarstellung und Wahrnehmung. So sehen wir eine Reihe klassischer Portraitfotografie schwarzer Frauen von Zanele Muholi - Selbstportraits in Varianten. Andere Portraits kommen aus der südafrikanischen lesbischen Community, alle stark gefährdet durch das wahnhaftige intolerante Patriachat.
Martine Guitierrez inszeniert sich ebenfalls selbst zwischen Schaufensterpuppen und auch echten Darstellern im luxuriösen Ambiente als transgender Frau in ihrer Welt.



Cameron Jamie befragt das Selbst mit seinen vom "Krampus" inspirierten grotesken absurd humorigen Masken, den archaischen alpinen "Neujahrsgeistern". Konsequenterweise lies er diese Masken von einem traditionellen Holzschnitzer anfertigen, mit Pelz, Haaren, Horn und anderen Materialien. An einem Ort von vorn, am anderen von innen zu betrachten.


Künstliche Welten auch bei Ad Minoliti


Zhanna Kadyrova


Suki S. Kang


Alex da Corte - im Arsenale - Giardini



Die beiden "arbeitenden" Werke von Sun Yuan und Peng Yu's sind DER Publikumsmagnet. Ein Roboterarm mit Wischer versucht unermüdlich nach aussen laufende Farbe zusammenn zu halten, macht dazwischen auch mal n freudiges "Tänzchen", auch Roboter programmiert man Freude.. das zieht an und lässt staunen... In der anderen Arbeit zerfetzt eine Lederpeitsche einen Sessel.





© Foto: Andrea Avezzu / courtsey by la biennale

GOLDENER LÖWE, ausgezeichnet als Bester Pavillon wurde LITAUEN - Rugile Barzdziukaite, Vaia Grainyte, Lina Lapelyte - mit ihrer Oper "sun and sea". Eine scheinbare Wohlfühloase, ein Stück über Strandleben und über die Wehen und (Schein-) Probleme der Protagonisten, wie aus dem Leben gegriffen mit all seinen treffenden Klischees. Wieder ein Preis für Performance!


Laure Provost

Allerdings ist für mich mit Abstand die Beste Ausstellung Laure Provoust für FRANKREICH - ein RIESIGES BRAVO! ein grosses Plädoyer für Phantasie und die Kraft der Kunst! Eine installative Bespielung des Hauses mit Relikten aus dem gezeigten Film, im Untergrung eine Grabungsstätte als fiktiver Fluchtweg, im Eingangsraum ein türkisgrüner Glasboden - die Lagune mit Relikte wie angeschwemmte Algen, Fische, Schuhe und Handies.. Und der Film erst - ein fulminanter von Witz und surrealen Begebenheiten, Begegnungen und Szenerien angefüllter Roadmovie - der Weg zur Biennale Venedig, voller Zauberei und Immagination! Brilliant - seit Jahren hat mich keine Arbeit derart fasziniert und überzeugt.

Eine sehr poetische schöne raumfüllende Arbeit zeigt Zahra Al Ghamdi im Saudischen Pavillon, scheinbar aus tausenden von Muscheln - allerdings alle täuschen echt aus Leder gefertigt. Sie bezieht sich auf den Poeten Zuhayr bin Abi Sulma und dessen Erinnerung und Wahrnehmung von Heimat, Immagination und Illusion, der im 6.Jahrhundert schrieb.


Zahra Al Ghamdi im Saudischen Pavillon


Ane Graff

auch im Nordic Pavillon beschäftigen sich drei Künstlerinnen, Ane Graff, Ingela Ihrman, nabbteeri, mit der Thematik Natur und Veränderung durch Klimawechsel und was es für uns Menschen bedeuten wird. Sie arbeiten mit Naturmaterial ebenso wie mit künstlichem, bauen Bildschränke, Installationen die an einen privaten Wohnraum denken lassen.


PORTUGAL - Leonor Antunes


GHANA - El Anatsui - Ibrahim Mahama
Einen sehr intensiven interessanten erstmaligen Auftritt legt Ghana hin.. Eines der Highlites dieser Biennale! Malerei von der gehypten Künstlerin Lynett Yiadom-Boakye, Installationen aus recycelten Materialien (sieh oben), intensive Portraitfotografie von Felicia Abban, Filme von Selasi Awusi Sosa und ganz überragend vom international bekannten John Akomfrah der einen fast kaleidoskopieschen faszinierenden Blick auf Afrikas Lebensrealitäten zeigt.



BELGIEN - Harald Thys und Jos de Gruyter inszenieren eine fantastischen Reigen an kinetischen Puppen-Tableaus. Fast wie Karikaturen von arbeitenden Handwerkern werkeln diese im zentralen Hauptraum beim Schneidern, Schustern, Pizza backen, usw, die "normalen" Leute von Nebenan. Ringsherum in vergitterten Nieschen die "andere" Seite des Lebens, Bettler, Künstler, Drogenkonsumenten, die "Rattendame", gar Zombies..



CHILE - Voluspa Jarpa eine der interessantesten Beiträge der Biennale - eine geschichtliche Aufarbeitung.



ÖSTERREICH - Renate Bertlmann inszeniert einen Garten aufgespiesster Rosen und zeigt viele Arbeiten aus ihrem dem Feminismus gewidmeten Oevre, Zeichnungen, Fotografien, Texte mit viel Humor und absoluter Treffsicherheit in ihrem lagjährigen Thema.

Und was ist im Deutschen Pavillon - ein Worthülsen-Scheingefecht. ein Schlagwort jagt das nächste im pseudokritischen Kontext! Eine sich selbst anonymisierende Künstlerin mit (Pappmaschee) Steinkopf. Engagement ohne weh zu tun, greenwashing at its best.


AFRICOBRA - Jeff Donaldson - Gerald Williams - Will. Jarrett
Die Ausstellung Africobra erinnert an den künstlerischen Aufbruch der Schwarzen Community in den 60er Jahren. Viel Pop Art und Psychedelisches wie es auch auf den Plakaten des musikalischen Underground zu sehen war. Eine gut aufbereitete Reminiszenz an die Künstler'innen und diese Zeit.


CA D'ORO "Dysfunctional" - Michele Lamy - Verhoeven Twins - N.Carbonell
Eine grossartige Gruppenausstellung in diesem wundervollen Palazzo am Canale Grande.


unübersehbar - Banksy in Venedig - sein Guerilla-Beitrag, ein Kommentar zur Flüchtligsnot - Ironie, zur wahren Flutkatastrophe im November war dieses Mural weit unter Wasser..!

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Maria Loboda - was gehört nun zur Arbeit??



bei vielen sehr umstritten und als "Ausbeutung des Elends" bezeichnet - das aus den Tiefen des Mittelmeer geborgene Unglücks-Flüchtlingsschiff "Barca Nostra" als Mahnmal an die Politik gerichtet, wurde von Christoph Buechel leihweise nach Venedig transportiert. Ein weiteres Objet Trouve das bestens funktioniert.



Shilpa Gupta zeigt Gewalt und Ausgrenzung brachial live vor Ort - ein metallenes Schwenktor zertrümmert eine Wand im Giardini - im Arsenale hören wir kakaphonisches Gewisper im Dunkeln, erkennen aufgespiesste Gedichte verbotener Dichter.



Michael Armitage - zeigt in seinen realistischen Tuschen mit isoliert dargestellten Menschen den realen Wahnsinn von Gewalt und Protest weltweit.



Andra Ursata - zeigt den heutigen "zivilisierten" Menschen in seinem Sein - als vollgestopfter Mülleimer


Arunondachai - sein "Garten" rekuriert sich aus unserem (elektro)Trash


Annika Yi spielt mit bakteriellen Welten


Slave and Tartars das Spa als künstliches Paradies


Martine Guitierrez inszeniert sich selbst zwischen Puppen im luxuriösen Ambiente



George Condos Saufgesellen empfängt der Besucher im Arsenale. Sie spielen an auf Warhols "Double Elvis" und der Zeit als Condo Mitarbeiter in Andys Factory war.


Ulrike Müller


Neil Beloufa



Cyprien Gaillard bezieht sich auf Max Ernsts "Engel der Geschichte" und Walter Benjamin. Er kreiert daraus eine holografische, äusserst sphärisch scheinbar frei schwebende Arbeit. Auch bestens positioniert im Innern der Rotunde des Zentralpavillon, fast wie der Kern der kuratierten Ausstellung anmutend .


Christian Bendayan - Peru - beschäftigt sich mit alten Geschichte von Einwanderern ebenso wie mit den "Schmetterlingen" von heute - den schö:nen Transfrauen Perus, auch als kämpferische Amazonen des Urwalds dargestellt.


Belu S. Fainaru - an der Fassade des rumänischen Pavillon, ein Innehalten und vielleicht Gedenken



Remy Jungermann (vorn) und Iris Kensmil im Niederlande Pavillon thematisieren beide staatsbürgerliche Zugehörigkeit und Identität als in der Kolonie Suriman geborene mit starker kolonialer Identifikation und Erinnerungen an ihre künstlerischen und sozialen Wurzeln.



Roman Stanczak kehrt das Innere nach Aussen und legt Verborgenes offen - für Polen.



Taro Yasuno - automatisierte Flöten im Japanischen Pavillon


Anne K.E. - eine Badinstallation zum Lesen der Armaturen (im richtigen Winkel betrachtet) und schwarz-weiss Variation, vorne-hinten.


James Lee Byars goldene Grablegung in Santa Maria dell Visitazione


Edmund de Waal feine zarte Eingriffe, Installationen in der Synagoge und im Ateneo Veneto


Pae White im Garten auf San Giorgio Maggiore


Sean Scully in der Kathedrale San Giorgio


eine sehr sensible Installation der Bilder von Günther Förg im Palazzo Contarini-Polignac


Joanna Vasconcelos auf Isola San Clemente (Kempinskis Hotelinsel und ehemaliges Kloster)